Weniger Hürden für die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte
Seit November 2023 tritt das aus mehreren Teilen bestehende „Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ nach und nach in Kraft. Im Vordergrund steht dabei, die rechtlichen und administrativen Hürden für die Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland zu senken und damit diesen Personen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Gesetzesreform basiert auf einem 3-Säulen-Modell, bestehend aus einer Fachkräfte-, Erfahrungs- und Potenzialsäule.
Was seit November 2023 gilt
Bereits im November vergangenen Jahres ist die sogenannte Fachkräftesäule in Kraft getreten. Kernstück ist die Senkung der Anforderungen für den Erwerb der Blauen Karte EU (auch Blue Card genannt). Bei der Blue Card handelt es sich um einen Aufenthaltstitel für Akademiker oder Personen mit einer vergleichbaren Qualifikation aus dem Nicht-EU-Ausland. Um den Erhalt der Blue Card zu erleichtern, wurde die Gehaltsschwelle gesenkt und der Personenkreis erweitert, der für den Erhalt der Blue Card infrage kommt.
Aufgehoben wurde zudem die Beschränkung, wonach ausländische Fachkräfte nur einer Tätigkeit nachgehen dürfen, die ihrem Berufsabschluss entspricht. Das heißt: Ausländische Fachkräfte, die eine qualifizierte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss vorweisen können, sind bei der Jobsuche nicht auf Beschäftigungen beschränkt, die in Verbindung mit ihrer Ausbildung stehen. Ausnahmen gibt es jedoch für reglementierte Berufe wie zum Beispiel Gesundheits- und Krankenpfleger.
Außerdem hat der Gesetzgeber die Vorschriften für die Beschäftigung von ausländischen Berufskraftfahrern geändert. Das Vorliegen der erforderlichen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis und der Berufskraftfahrerqualifikation wird von der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr geprüft. Die Prüfung dieser Voraussetzungen obliegt nun den Unternehmern selbst. Außerdem verzichtet die Arbeitsagentur bei Berufskraftfahrern auf die früher obligatorische Vorrangprüfung und setzt keine Sprachkenntnisse mehr voraus.
Die sogenannte Westbalkanregelung, die eigentlich zum Jahresende 2023 ausgelaufen wäre, wurde entfristet und gilt damit auf unbestimmte Zeit. Gemäß dieser Regelung können Menschen aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien im Rahmen eines bestimmten Kontingents zur Beschäftigungsaufnahme nach Deutschland einreisen. Aktuell sind die Zustimmungen der Arbeitsagentur noch auf 25.000 pro Kalenderjahr begrenzt. Ab Juni 2024 wird dieses Kontingent auf 50.000 pro Kalenderjahr erhöht.
Zweite Reformstufe seit März 2024 in Kraft
Seit 1. März 2024 gilt nun die zweite Stufe der Gesetzesreform. Damit wurde die sogenannte Erfahrungssäule eingeführt. Das bedeutet, dass Nicht-EU-Ausländer in Deutschland arbeiten dürfen, wenn sie über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und über einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss mit mindestens zweijähriger Ausbildungsdauer verfügen. Unter diesen Voraussetzungen dürfen ausländische Arbeitnehmer auch dann in Deutschland arbeiten, wenn ihre im Ausland erworbene Qualifikation in Deutschland nicht formal anerkannt ist. Um Lohndumping zu verhindern, muss entweder eine Gehaltsschwelle eingehalten werden oder der Arbeitgeber muss tarifgebunden sein.
Die Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses in Deutschland ist nun im Rahmen einer sogenannten Anerkennungspartnerschaft berufsbegleitend möglich. Dabei verpflichten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen einer Vereinbarung dazu, das Anerkennungsverfahren zügig durchzuführen. Voraussetzung für die Anerkennungspartnerschaft ist, dass ein Arbeitsvertrag vorliegt und dass eine im Herkunftsland anerkannte Berufsqualifikation mit mindestens zweijähriger Ausbildungsdauer oder ein Hochschulabschluss nachgewiesen werden kann.
Darüber hinaus wird qualifizierten Pflegehilfskräften aus dem Ausland der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Voraussetzung für eine Beschäftigung in Deutschland ist, dass die Ausbildung zur Pflegehilfskraft in Deutschland erworben wurde oder hier anerkannt ist. Damit soll den bestehenden Personalengpässen in der Pflegebranche entgegengewirkt werden.
Zudem wurde die Aufenthaltserlaubnis für Qualifizierungsmaßnahmen verlängert. Für eine sogenannte Anpassungsqualifizierung kann jetzt eine Aufenthaltserlaubnis von 24 Monaten erteilt werden, wobei eine Verlängerung bis zu einer Gesamtdauer von 3 Jahren möglich ist. Bisher war für eine solche Qualifizierung in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis von maximal 18 Monaten vorgesehen. Parallel zur Qualifizierung darf die ausländische Fachkraft bis zu 20 Stunden pro Woche einer Arbeit nachgehen.
Kurzzeitige Beschäftigung unabhängig von der Qualifikation möglich
Eine neue Regelung zur kurzzeitigen kontingentierten Beschäftigung von Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland soll Unternehmen dabei helfen, auf personelle Engpässe in Spitzenzeiten reagieren zu können. Diese Regelung ergänzt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und gilt ebenfalls seit 1. März 2024. Somit kann eine befristete Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften unabhängig von deren beruflicher Qualifikation erfolgen. Für eine kurzzeitige Beschäftigung kommen damit auch Menschen ohne Berufsabschluss infrage.
Im Rahmen der kurzzeitigen Beschäftigung ist eine Beschäftigung von bis zu 8 Monaten möglich. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer mindestens 30 Stunden pro Woche beschäftigt wird und der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Die Vergütung muss nach Tarif erfolgen und der Arbeitgeber muss die anfallenden Reisekosten übernehmen. Ob die Voraussetzungen für die kurzzeitige Beschäftigung vorliegen, prüft die Bundesagentur für Arbeit und erteilt dann, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, eine Arbeitserlaubnis. Für 2024 hat die Arbeitsagentur ein Kontingent von 25.000 Zustimmungen festgelegt. Die Beschäftigung von Erntehelfern in der Landwirtschaft fällt jedoch nicht in dieses Kontingent.
„Potenzialsäule“ ab Juni 2024
Menschen, die zur Arbeitssuche einreisen möchten und das notwendige Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt mitbringen, können ab Juni 2024 eine sogenannte Chancenkarte bekommen. Die Chancenkarte basiert auf einem Punktesystem und bewirkt eine befristete Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr. Dabei werden Punkte nach bestimmten Kriterien wie zum Beispiel Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung und Alter vergeben.
Haben Sie noch weitere Fragen? Kontaktieren Sie uns! Wir helfen Ihnen gerne bei allen Themen rund um die Arbeitnehmerüberlassung, Werkverträge, Fachkräftebeschäftigung aus dem Ausland.